ISO 19650 1 und 2 in der Praxis:
BIM-Dokumente richtig erstellen und anwenden
Kennst du dich schon mit der ISO 19650 aus? Weißt du, wie wichtig gutes Informationsmanagement im BIM-Prozess ist? Oder fragst du dich, welche Dokumente und Abläufe wirklich nötig sind, damit alle im Projekt reibungslos zusammenarbeiten können?
Die Normenreihe ISO 19650 bildet den internationalen Standard für das Informationsmanagement im Kontext von Building Information Modeling (BIM). Sie definiert die Prozesse, Rollen, Dokumente und Anforderungen für ein effizientes und koordiniertes Arbeiten mit digitalen Bauwerksinformationen über den gesamten Lebenszyklus eines Projekts hinweg.
1. Einleitung zur ISO 19650
Die ISO 19650 basiert auf der britischen Norm PAS 1192 und wurde entwickelt, um die BIM-Implementierung international zu harmonisieren. Der Fokus liegt auf dem strukturieren Austausch und der Qualität von Informationen zwischen allen Projektbeteiligten. Die Norm ist in mehrere Teile untergliedert, wobei insbesondere ISO 19650-1 (Konzepte und Prinzipien) und ISO 19650-2 (Lieferphase) die Grundlage für Projekte bilden.
2. Zentrale Dokumente gemäß ISO 19650
Der AIA (engl. EIR – Exchange Information Requirements) beschreibt, welche Informationen der Auftraggeber zu bestimmten Zeitpunkten benötigt. Dies umfasst z. B. Modelle, Berichte oder Daten für bestimmte Anwendungsfälle wie Mengenermittlung, Terminplanung oder Facility Management.
2.2 BIM-Abwicklungsplan (BAP / BEP)
Der BIM-Abwicklungsplan (BAP, engl. BIM Execution Plan, BEP) ist das zentrale Dokument, das als Antwort auf die im AIA definierten Informationsanforderungen dient. Er beschreibt, wie die im AIA definierten Ziele praktisch erreicht werden sollen:
BIM-Ziele und Anwendungsfälle
Modellierungsrichtlinien und LOD ( LOI + LOG)
Software und Dateiformate
Kollaborationsplattform (CDE)
Prüfroutinen und Qualitätssicherung
Es wird zwischen Pre-Contract BEP (Angebotsphase) und Post-Contract BEP (nach Auftragsvergabe) unterschieden.
3. Dokumentenhierarchie nach ISO 19650
Die Norm unterscheidet eine klare Hierarchie und Strukturierung von Informationsanforderungen und -modellen:
Abkürzung
Englischer Begriff
Deutsche Bezeichnung |
Beschreibung / Phase
OIR
Organizational Information Requirements
Organisationale Informationsanforderungen
Strategische Informationsbedarfe auf Unternehmensebene
AIR
Asset Information Requirements
Asset-bezogene Informationsanforderungen
Anforderungen an Betrieb und Wartung eines Assets
EIR / AIA
Exchange Information Requirements
Austausch-Informationsanforderungen
Anforderungen des Auftraggebers an Informationen zu definierten Projektzeitpunkten.
PIR
Project Information Requirements
Projektbezogene Informationsanforderungen
Informationsbedarf spezifisch für das Projekt (aus OIR/AIR abgeleitet).
PIM
Project Information Model
Project Information Model
Zusammengeführte modell- und dokumentbasierte Informationen in der Planungs- und Bauphase.
AIM
Asset Information Model
Bestandsinformationsmodell
Informationsstruktur für Betrieb, Instandhaltung und Facility Management nach Übergabe.
Diese Struktur stellt sicher, dass die Informationsbedarfe von der strategischen Ebene (OIR/AIR) über das konkrete Projekt (PIR/AIA - EIR) bis hin zur modellbasierten Lieferung (PIM) und Nutzung (AIM) konsistent definiert und umgesetzt werden.
4. Gemeinsame Datenumgebung (CDE)
Die Gemeinsame Datenumgebung (engl. Common Data Environment) ist der zentrale digitale Raum, in dem alle relevanten Informationen eines Projekts gesammelt, verwaltet und ausgetauscht werden. Sie ist ein Kernbestandteil der ISO 19650 und spielt eine entscheidende Rolle im Informationsmanagement.
Ein CDE ermöglicht:
den strukturierten und nachvollziehbaren Austausch von Informationen,
die Versionskontrolle und Freigabeprozesse,
die Zugriffssteuerung und Rechtevergabe,
die Archivierung projektbezogener Daten.
Typische Plattformen für ein CDE sind z. B. Autodesk Construction Cloud, thinkproject, BIM 360, Dalux oder Trimble Connect. Die Auswahl hängt von den Anforderungen des Projekts und der Softwarelandschaft der Beteiligten ab.
Die CDE-Struktur sollte im BAP klar beschrieben sein: inklusive Ordnerstruktur, Namenskonventionen, Prüfprozessen (z. B. Status „Work in Progress“, „Shared“, „Published“, „Archived“) sowie Rollen und Verantwortlichkeiten.
5 .Weitere Grundlagen: Information Delivery Manual (IDM) und Klassifikationssysteme
Zusätzlich zu den wichtigsten Dokumenten wie dem AIA oder dem BAP gibt es zwei Werkzeuge, die dabei helfen, Informationen in einem BIM-Projekt nach ISO 19650 gut zu organisieren: das IDM und die Klassifikationssysteme.
Was ist ein IDM?
Das Information Delivery Manual (IDM), also das Informationslieferhandbuch, ist eine Art Leitfaden, der festlegt, wer welche Informationen wann und wofür liefern muss. So wird von Anfang an klar, was von jeder Projektbeteiligten Person erwartet wird und zu welchem Zeitpunkt. Das IDM ist eine wertvolle Grundlage für Dokumente wie den AIA oder den BAP und verbessert die Zusammenarbeit im Projektteam deutlich.
Und was sind Klassifikationssysteme?
Um mit BIM-Modellen klar und strukturiert zu arbeiten, ist ein Klassifikationssystem sehr hilfreich. Es sorgt dafür, dass Bauteile, Räume, Aufgaben oder Prozesse einheitlich benannt und gruppiert werden. Bekannte Systeme sind OmniClass, UniClass, eBCS oder die in Deutschland weit verbreitet DIN 276. Mit solchen Standards lassen sich Informationen leichter finden, mit anderen teilen und über alle Projektphasen hinweg sinnvoll nutzen.
Fazit
Du hast gerade erst angefangen, dich mit BIM-Dokumenten zu beschäftigen – und dein Kopf raucht schon beim Gedanken an AIA, BAP, IDM & Co.?
Oder sitzt du vielleicht schon zum dritten Mal vor deinem BAP und fragst dich: „Mache ich das eigentlich richtig?“
Keine Sorge – du bist nicht allein!
Wenn du Fragen hast oder einfach jemanden brauchst, der mal drüberschaut: Meld dich bei uns.
Wir helfen dir gerne dabei, deine BIM-Dokumente klar, sinnvoll und projektgerecht zu erstellen – ganz ohne Kopfschmerzen.